Bericht von unserem Team aus Kuba
Inmitten der glitzernden Weiten der Karibik verbrachten wir neun unvergessliche Tage an Bord eines robusten, jedoch vorschnell in die Jahre gekommenen Katamarans – einer Lagoon 450F. Vorab gab es natürlich den obligatorischen Aufenthalt in Havanna, der Stadt der tausend Gesichter. Die Erlebnisse dort würden ein eigenes Buch füllen können, daher kürzen wir das ab mit: Havanna gehört auf jede Bucketlist!
Unser Törn startete in Cienfuegos (Südküste Kubas), einem malerischen Hafen mit einer Fülle an maritimer Geschichte. Dort, im Marcato der Marina, begann unser Abenteuer mit einer interessanten Proviantierung. So fanden Eier, Reis, Bohnen und natürlich Rum, Rum und noch ein paar weitere Flaschen Rum ihren Platz auf unserer „Mariano“, neben all den Köstlichkeiten, die wir von den einheimischen Kubanern bezogen.
Geprägt durch das vorherrschende sozialistische System und das Embargo der USA gehört zu den herausstechenden Merkmalen des Reviers die fast komplett fehlende Infrastruktur. Was es im Supermarkt nicht gab, wurde uns in Cienfuegos à la „.. ich kenne Jemanden, der kennt Jemanden, der hat …“ besorgt. Das war einerseits gewöhnungsbedürftig, andererseits aber auch so herzlich und hilfsbereit, dass wir uns gut damit arrangieren konnten. Schnell waren die Schapps und Kühlschränke mit Proviant voll, wie auch die Backskisten mit Ersatzteilen vom Vercharterer, denn hier heißt es: Was du nicht dabei hast, gibt es nicht.
Unser Kurs führte uns von Cienfuegos über Cayo del Sal und Cayo Largo nach Cayo Rosario (Cayo bedeutet kleine flache Insel) und wieder zurück. Insgesamt legten wir in 5 Etappen 243 Seemeilen zurück, immer begleitet von den warmen Brisen und dem blauen Wasser der Karibik. Rein seglerisch ist das Revier südlich von Kuba gut gelegen, da Kuba selbst den mächtigen Atlantik bändigt. Das Wetter war typisch für die Region. Ein konstanter Passatwind mit Stärken zwischen 3-5 Bft sorgte für meist angenehme Segelbedingungen. Nach einem langen Schlag über tiefes Wasser (hier baute die Dünung noch bis zu 3,5 Meter Welle auf) bewegten wir uns um die kleinen Inseln herum auf einem großen Riff mit Wassertiefen um die 2-6 Meter. Da hieß es auch mal – ab in den Bugkorb Ausschau halten! Das Wellenbild ist hier vergleichbar mit dem IJsselmeer, kurz und eher steil und der nahezu weiße Boden verleiht dem Wasser eine intensive, fast surreale Farbe – wir haben versucht, den unterschiedlichen Blautönen Namen zu geben, uns sind aber letztendlich die Wörter ausgegangen.
Eine unserer besten Entscheidungen war es, einen erfahrenen Marinero an Bord zu nehmen. Er erwies sich nicht nur als hervorragender Koch, der frisch geangelte Barrakudas zu köstlichen Mahlzeiten zauberte, sondern auch als unschätzbarer Lotse. Seine Kenntnisse über die Gewässer südlich von Kuba waren beeindruckend, und über ihn mit den Einheimischen kommunizieren zu können, war unbezahlbar. Wir tauschten mehrmals mit lokalen Fischern Langusten gegen mitgebrachte praktische Waren wie Stifte, Aspirin, Papier und dem allseits beliebten Rum. Dabei fühlten wir uns jedes Mal ein klein wenig Teil der spärlichen und eigentümlichen Gemeinschaft, die dieses faszinierende Revier bevölkert.
Die Inseln, die wir besuchten, waren ein wahres Paradies. Von den felsigen Küsten von Cayo del Sal bis hin zu den Mangrovenwäldern von Cayo Largo (die einzig bewohnte und touristisch erschlossene Insel) war jede Ecke ein neues Abenteuer. Wir sahen Alligatoren, Feuerfische, Delfine, Riesenkarpfen, Mantas, Seesterne, exotische Vögel und allerlei weitere bunte Flora und Fauna und bestaunten artenreiche Korallenriffs, seltene Schildkröten, vorzeitalterliche Leguane und dazwischen immer wieder dieses Blau – von dunklem Indigo
über Cobalt zu Coelin und Türkis in unzähligen Abstufungen und Varianten, umrandet von Himmel, grünen Palmen und weißem Sand.
Ihrer Schönheit zum Trotz hatten diese Gewässer ihre Herausforderungen. Die seglerische Infrastruktur war minimal, ohne Marinas (Cayo Largo hat eine kleine) und nur sporadische Betonnung (Achtung: genau andersherum als wir es kennen – Steuerbordtonnen sind hier z. B. rot). Wetterinformationen und -vorhersagen von Windy sind, wenn Netzverbindung vorhanden, akkurat. Jedoch gibt es meist kein Mobilfunk-Netz, wie auch kein Navtex, keinen Wetterfunk und ebenso keinen wirklichen Seenotfunk (gibt ja auch keine Seenotretter). Unsere Wetternavigation basierte somit auf Tage alten Daten und das gute alte Beobachten von Himmel und Barometer. GPS und Plotter funktionierten auf ca. 50-100 Meter genau. Jedoch erfordern auch hier veraltetes Kartenmmaterial und wechselnde Untiefen Wachsamkeit. Ok, ok, auf eine Sandbank sind wir dann auch gelaufen … war halt ein all- inclusive Urlaub! Dank der Vorsicht und Erfahrung unserer Crew meisterten wir diese Gewässer insgesamt jedoch ohne wirklich nennenswerte Probleme.
Da gab sich unser Katamaran schon mehr Mühe. Sich bekneiffende Reffs kennt man auch von anderen Charteryachten, aber mal eben abfallende Schiffsschrauben waren uns neu. Durch die beständig hohe Luftfeuchtigkeit freuen sich Sicherungen und Kontakte auch mal über eine Zwischenpolitur mit dem Segelmesser. Und Schwups, springt der Motor wieder an. Um das hier kurz klarzustellen: Der Vercharterer pflegt seine Schiffe sehr gut. Daran liegt es nicht. Das Klima im Revier ist enorm abnutzend für das Material, oder wie man uns vor Ort so schön sagte: Hier rostet selbst Edelmetall. Zum täglichen Ankern braucht es daher: zwei Crewmitglieder, vier Handschuhe, ein bis zwei Schraubendreher, einen Hammer und jede Menge zielgerichtete Überzeugungskraft, aka rohe Gewalt.
Wir ankerten bei Cayo Largo sehr ungewohnt auf freiem Gewässer in 1-2 Seemeilen Entfernung vom Land. Warum? Nun, die Antwort dazu heißt (und bitte stellt euch das jetzt in Panik geschrien vor) „Moskitooooos!“. Die gibt es bei den Mangroven in unerschöpflicher Menge. Selbst bei der Entfernung zum Land war es wichtig, auf unerwartete Moskito- Attacken vorbereitet zu sein, die abends ihre Jagd auf uns eröffneten. Wir sind nicht weichlich. Es geht hier nicht um die Dämmerungsstunde und ein paar Stiche. Sondern um tausende Moskitos, die die Einladung zum open-end-fresh-european-humans-all-you-can-eat- buffett nur allzu gerne annahmen. Jede Packliste sollte daher mit umfangreichen Mückenschutzmaßnahmen (Netz für die Koje, Anti-Brumm (tropisch), Zapper, …) ausgestattet sein, die vor den lästigen Plagen bewahren. Die Crew ist sich aber einig, die Moskitos waren der einzige(!) Minuspunkt am ganzen Törn.
*** Persönliche Ergänzung vom Skipper: Neben der gelungenen kollektiven Gegenoffensive auf die Moskitos war es meine größte Freude, eine so zuverlässige und erfahrene Crew zu haben. Teils schnell erforderliche Manöver, Anlegen eines Kat mit nur einem Motor, stundenlanger hoher Wellengang, frei treibende Fischernetze und andere Nickligkeiten waren Herausforderungen, die wir gemeinsam mit Fokus, klarer Kommunikation und den richtigen Handgriffen sehr gut meisterten. Ich danke euch! ***
Unsere Reise war nicht nur ein kleines Segelabenteuer, sondern viel mehr eine Reise durch die Schönheit und Vielfalt karibischer Inseln und der kubanischen Kultur. Jeder Tag brachte neue Eindrücke und Erlebnisse, die unsere Erinnerungen für immer prägen werden. Und dank unseres Marineros als talentiertem Koch und erfahrenem Guide, konnten wir die verborgenen Schätze dieser atemberaubenden Gewässer umfangreich erkunden und in vollen Zügen genießen.
Mit sonnigen Grüßen,
Die Familien Bailey und Bobzin
PS: Solltet ihr selbst mal mit dem Gedanken spielen dieses Revier zu erkunden, sprecht uns gerne an.