Fahrtensegler: Treffen, Törn- und Revierberichte
an dieser Stelle ist der Austausch unter Fahrtenseglern vorgesehen und willkommen. Zum Einen können Berichte von Törns in verschiedenen Revieren, insbesondere von Vereinsmitgliedern als Geschichte erzählt werden, zum Anderen ist hier der Ort um Tipps, Hinweise und Erfahrungen zu speziellen Revieren, Schiffen oder Vercharteren und Marinas zu finden. Die Grenzen sind natürlich fließend. Weitere Infos
- Termine Fahrtenseglertreffen 2024/25
- Törnbericht: Segeln rund um die Amalfiküste und Capri im September
- Bootskauf: Plötzlich stand die Dehler vor der Tür
- Erlebnisbericht vom „Sea Survival“ Kurs
Termine Fahrtenseglertreffen 2024/25
Im letzten Winter haben wir vier Treffen von Fahrtenseglern durchgeführt. Wir haben dabei spannende Törnberichte gehört, einen tragischen Seeunfall durchgesprochen und einen Chartertörn gemeinsam geplant.
Für die kommenden Stammtische haben wir zwei Törnberichte (Mittelmeer und Ostsee)
vorgesehen. Wir werden ausserdem einen Seeunfall durchsprechen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Weiterhin ist ein Live-Bericht von der DGzRS geplant. Eventuell wird es zusätzlich noch einen Termin zur Wetterkunde geben.
Folgende Termine sind in diesem Winter geplant:
08. November
29. November
17. Januar und
31. Januar
Beginn ist jeweils 18:00 Uhr in unserem Clubhaus. Wie im vergangenen Jahr wird es wieder ein kleines Abendessen und viel Gelegenheit zum Klönschnack geben
Bootskauf: Plötzlich stand die Dehler vor der Tür
von Armin Röder
Schon über zwei Jahre haben wir Ausschau nach einer Jacht gehalten. Sie sollte nicht länger als 34ft sein, gute Segeleigenschaften haben und in einem bezahlbaren Rahmen liegen. Unser Augenmerk lag zunächst auf der Beneteau First 30 oder Winner 9.0. Doch diese Modelle sind sehr selten auf dem Markt, so dass wir uns etwas breiter ausrichteten.
Der Kauf
Im Herbst 2023 besuchten uns Frank Sennhenn mit seiner Frau Rosi in Lelystad. Dort hatten wir einen Termin zur Besichtigung einer Contest Yacht mit einem Bootsmakler vereinbart und Frank wollte mich beraten. Als wir dort eintrafen offenbarte der Makler uns, dass die Contest gerade reserviert wurde, der Interessent jedoch eine Dehler 34 in Zahlung gegeben hatte. Hurra, eine Dehler 34, das ist doch die, die in einem simulierten Crash-Test (Link Crashtest) so famos abgeschnitten hat und ich Sabine somit auch mal ans Steuer lassen kann ;-).
Wir besichtigten das Boot und stellten schnell eine Erfüllung aller unserer Erwartungen fest. Der optische Zustand war fast einwandfrei, obwohl die Yacht schon über 30 Jahre gesegelt wurde. Die Ausstattung begeisterte uns sofort, so hat der Eigner erst vor einem Jahr die gesamten Navigationseinrichtungen auf die neueste Generation von Raymarine erneuert.
Auch die Segel sind erst eine Saison gesegelt worden und das Groß ist durchgelattet.
Des weiteren sind eine Solaranlage, AIS, GPS-Navigator, Autopilot, Navtex und ein Funkgerät installiert. Angetrieben wird das Boot, sofern ohne Segel, von einem 27 PS Yanmar Motor. Natürlich gibt es auch eine Nasszelle mit Toilette, eine Küchenzeile mit Spüle, Herd und Kühlschrank.
Frank hat bei der Besichtigung wirklich alles am Boot inspiziert was so möglich ist. Und tatsächlich gibt es richtig viele Ecken, wo es sich lohnt reinzuschauen – dazu gleich aber mehr. Frank hat jedenfalls nach der akribischen Suche seine Empfehlung zum Kauf des Bootes ausgesprochen und wir unterzeichneten den Kaufvertrag.
Der Gutachter
Der Makler hat uns empfohlen, einen unabhängigen Gutachter zu bestellen, damit hier beim Kauf für beide Seiten keine „bad feelings“ entstehen.
Diesen Rat haben wir befolgt und einen Gutachter beauftragt, der uns zwar über 1000.- Euro kostete, aber letztendlich seinen Preis wert war.
Etwa 3 Wochen später war der Termin mit dem Gutachter. Ich traf auf einen sehr sympathischen Vollprofi, der 6 Stunden lang das Boot auf Herz und Nieren inspizierte. Er hat wirklich das gesamte Boot zerlegt und in Winkel des Bootes geschaut, wo ich mich wegen der Enge nur im Notfall hingetraut hätte (Ruderquadrant). Wir gingen raus aufs IJsselmeer, machten Wärmebildaufnahmen vom Motor, kranten das Boot, um die Stabilität des Kiels zu testen und inspizierten sogar den Tank von innen. Es waren fantastische Lehrstunden.
Am Ende resultierte ein 11-seitiges Gutachten, bei dem alle Komponenten des Schiffes dargestellt wurden und deren Zustand bewertet wurde. Dies hatte den großen Vorteil, da vertraglich vereinbart war (das ist in den Niederlanden übrigens so üblich), dass die vom Prüfer erkannten Mängel vom Verkäufer beseitigt werden müssen oder vom Vertrag zurück getreten werden kann. Somit bekamen wir eine neue große Versorgerbatterie, eine Dichtigkeitsreparatur des Stegs der Antriebswelle (dazu gleich mehr) und einen Teilbetrag zur Sanierung der Beschichtung des Bootsrumpfes. Damit waren die Kosten für den Prüfer mehr als kompensiert.
Der Steg der Antriebswelle
Das Boot stand über dem Winter im Lager und die Werft wollte ca. eine Woche vor der Wasserung, den Steg, der die Antriebswelle mit dem Boot verbindet, abdichten. Dabei stellte sichheraus, dass der Steg innen gebrochen war und nun vollständig ersetzt werden musste. Plötzlich hatte unsere neu erworbene Dehler ein Loch von etwa 20 cm Durchmesser im Rumpf.
Wir waren geschockt. Das Einlaminieren des neuen Stegs war dann sehr aufwendig und hat ca. 40 Arbeitsstunden plus Material gefordert. Unser Glück: Der Mangel war dokumentiert und wurde vom Verkäufer übernommen. Puh.
Das Anschlagen der Segel
Im Juni 2024 war es dann endlich soweit: Die Werft hat unsere Dehler gewassert, dabei wurden natürlich die Seeventile, alle weiteren Borddruchlässe und der Motor überprüft.
Das Boot war bereit, nur die Segel mussten noch aufgezogen werden.
Nun, das war dann doch etwas komplizierter als bei einer Jolle.
Zunächst habe ich die Fock aus der Kajüte nach oben gewuchtet – die Segel sind tatsächlich deutlich schwerer als gedacht. Das Anschlagen der Fock war aber letztendlich einfach und ging auch gut von der Hand.
Beim Großsegel war das schon deutlich schwieriger, zumal hier ein Lazybag / -jack- System verbaut ist. Mein Treiben verlief nicht unentdeckt. Auf einmal stand ein Mann, der sich als Wolfgang vorstellte, neben mir und sagte, er habe auch eine Dehler und ob er mir helfen könne. Ihn hat der Himmel geschickt. Er segelt tatsächlich schon seit vielen Jahren auf einer ähnlichen Dehler und mit seiner Hilfe war das Boot in ca. 30 Minuten segelfertig.
Die erste Fahrt
Nun musste unsere Dehler mit dem neuen Namen Lelybee nur noch zu uns in den Hafen gesegelt werden. Eigentlich war geplant dies zusammen mit Sabine zu machen, doch Wolfgang bot sich an mich zu begleiten. Wir lösten die Leinen und ich steuerte die Dehler aus der Marina. Auf dem IJsselmeer setzen wir die Segel und das Boot nahm schnell Fahrt auf. Wir hatten gutes Segelwetter, etwa 3Bft Wind aus Nordwest und die Logge zeigte schnell 7Kt Fahrt an. Wir waren sehr happy!
Auch unser erstes Anlegemanöver in die Box glückte, obwohl ich ehrlicherweise zugebe, mir lief der Schweiß in Strömen 😉
Törnbericht: Segeln rund um die Amalfiküste und Capri im September
Anreise
Unsere Reise startete mit einem Flug von Frankfurt nach Neapel. Die Weiterfahrt erfolgte mit dem AirCampania-Bus um 13:30 Uhr, der einzigen Verbindung dieses Anbieters des Tages. Alternativ gibt es auch Verbindungen über Trenitalia. Bequem kann man am Flughafen im Schatten auf dem Parkplatz P warten, wo der Bus abfährt. Für 7 Euro pro Person, welche man beim Busfahrer zahlen kann, bringt er einen direkt nach Salerno. Wir stiegen an der Piazza della Concordia an der Küstenstraße aus und nahmen von dort den Bus 5 (oder 24) zur Marina Fermata „Allende Stadio Arechi“ (für 1,30 Euro pro Person).
Rückreise
Für die Rückreise nahmen wir ein Taxi zur Salerno Statione (30 Euro). Von dort fuhren wir mit dem Zug nach Napoli Centrale (Ticket über Trenitalia für 5,50 Euro pro Person). Am Hauptbahnhof in Neapel nahmen wir den Alibus Airportshuttle, der uns direkt zum Flughafen brachte (5 Euro pro Person). Die Wege waren kurz, und die gesamte Strecke verlief reibungslos. Eine Alternative ist ein Transfer vom Hafen zum Flughafen für 150 Euro.
Charter und Marina
Unser Boot, die „Delfino“, eine Beneteau Oceanis 34.1 (Baujahr 2023), haben wir über den Vercharterer NSS gemietet. Das Boot war in einem sehr guten Zustand, und der Vercharterer hat uns hervorragend betreut – stets erreichbar und hilfsbereit. Von anderen Crews hörten wir jedoch, dass es bei anderen Vercharterern auch anders laufen kann.
Die Marina D’Arechi im Süden von Salerno ist groß und gut ausgestattet, jedoch ohne eigenen Supermarkt. Es gibt aber für 3 Euro pro Einkauf einen Shuttle zum nahegelegenen Evviva-Supermarkt, der eine große Auswahl bietet und die Einkäufe direkt zum Boot liefert.
Es scheint, dass es in der Gegend üblich ist, den Blackwatertank immer offen zu lassen – auch im Hafen. Wir haben gehört, dass der Vercharterer sogar das Bußgeld bezahlt, wenn man erwischt wird. Auf keinen Fall sollte man also im Hafen oder Bojenfeld schwimmen gehen! In einem Fall kam es bei einem Crewmitglied einer anderen Yacht in dieser Woche zu einer Infektion einer Verletzung und Erbrechen durch einen Sturz ins Hafenbecken.
Törn und Wetter
Die Küste entlang der Amalfiküste und Capri ist von extrem vielen Motorbooten jeglicher Art und Größe belebt, die starke Wellen verursachen und das Ankern unangenehm machen.
Beim Schnorcheln gibt es nicht viel zu sehen.
Die Häfen sind bis Ende September noch gut gefüllt, und es kann schwierig sein, einen Platz zu bekommen.
Das Wetter schlug unerwartet schnell um, viel schneller als vorhergesagt. Unser Rat: Lieber zu früh die Segel einholen, immer den Himmel im Blick behalten und die Vorhersage der nächsten Stunde prüfen.
Telefonempfang und mobile Daten waren überall gut.
Öffentliche Toiletten kosten fast immer einen Euro, häufig gibt es kein Toilettenpapier und einige waren sehr dreckig. Nicht jeder Hafen hat Sanitäranlagen. Also immer Kleingeld und Tempos mitnehmen.
Häfen und Stopps
1. Amalfi: Wunderschön, aber der Hafen ist privat und hat nur wenige Plätze. Dank der Beziehungen unseres Vercharterers konnten wir für 150 Euro pro Nacht (ohne Sanitäranlagen) einen Platz bekommen. Es lohnt sich, die Küste nicht allzu weit entfernt zu passieren, um die Schönheit der Landschaft zu genießen.
2. Capri: Wir ankerten über Mittag hinter den Faraglioni-Felsen. Trotz des Andrangs war es ein beeindruckender Anblick. Ab 16 Uhr konnten wir an die Boje im Norden der Insel, doch die Wellen der Motorboote waren hier sehr unangenehm. Ab Sonnenuntergang reduziert sich die Zahl der Motorboote und die von ihnen verursachten Wellen nehmen ab.
Vom Boot aus sind wir mit dem Dinghy in den Haupthafen rechts neben dem großen Fähranleger am Strand angelandet. Ein Taxiboot kostet hier 50 Euro. Es ist jedoch nicht gerne gesehen, dass man selbst fährt.
In Capri ist alles teuer, alle gängigen Modelabels sind vertreten. Hierher sollte man besser keine Kreditkarte mitnehmen 😊. Zwei Stück Pizza und zwei Dosen Cola kosteten 22 Euro! Ein Ausflug nach oben über die Funicolare lohnt sich trotz der hohen Preise. Läuft man bis nach Tragara hat man eine wunderbare Sicht auf die Faraglioni Felsen. Das Ticket für die Funicolare bekommt man für etwa 5 Euro pro Person an der Biglietteria in der Nähe der Talstation.
3. Cassano di Sorrento: Ein wunderbarer kleiner Hafen, sehr zu empfehlen! Der Capitanero war äußerst hilfsbereit und versorgte uns mit vielen Informationen und Karten. Die Nacht im Hafen kostete 130 Euro.
Ein Aufzug bringt einen für nur 1 Euro pro Person mühelos in die, auf der Steilküste gelegene, Stadt Piano. Der Weg zum Bahnhof dauert ca. 15 min. Von dort ist man schnell die 4 Kilometer nach Sorrento gefahren. Sorrento hat eine wunderbare Altstadt, ist sehr voll , überall fahren kleine Autos und Vespas – sehr italienisch. Auch hier gibt es einen Aufzug zum Strandbad.
4. Pompeii: Ein Besuch der antiken Stadt Pompeii ist ein Muss! Wir nahmen den Zug von Piano di Sorrento (Fahrzeit ca. 40 Minuten) und waren um 9 Uhr dort, um den Massen und der Hitze zu entgehen. Eine Führung ist sehr zu empfehlen, da die Ausgrabungen ohne Erläuterungen nur schwer verständlich sind. Das Ticket inklusive Zug, Eintritt für den ganzen Tag und zweistündiger Führung kostet knappe 50 Euro pro Person. Es gibt in Pompeii mehrere Trinkwasserbrunnen, an welchen man seine Flasche auffüllen kann. Wir haben zum Mittagessen belegte Brote mitgenommen. Man bekommt dort auch was zu Essen, es sah jedoch nicht so einladend aus.
5. Positano: Positano hat keinen Hafen, sondern nur Bojen, die mit 120 Euro pro Nacht sehr teuer sind. Der Ort ist wunderschön, aber überfüllt. Es gibt sehr viele Galerien und Modegeschäfte. Ein Stück Kuchen kostet 8 Euro, eine Pizza 20 Euro, ein Aperol Spritz 18 Euro. Bei Südwind hier über Nacht zu bleiben können wir nicht empfehlen, da es extrem unruhig wird.
Restaurants
Salerno Hafen: Eine gute Pizzeria, zwei Pizzen, eine Flasche Bier und eine Flasche Wasser für 20 Euro.
Moonlight in San Agnello di Sorrento: Ein ausgezeichnetes Essen mit Steak mit Pfeffersoße, Gnocchi, Salat und einem Glas Wein und einer Flasche Wasser für 70 Euro.
Pizzeria Vincenco Capuano in Cassano di Sorrento: Hervorragendes Essen für 50 Euro inklusive Vorspeise, zwei Pizzen, einer Flasche Wasser, ein Bier und zwei Limoncelli. Die Pizzeria gehört dem Weltmeister im Pizzabacken Vinenzo Capuare, der für seine fluffige Pizza berühmt ist.
Fazit
Die Amalfiküste und Capri sind ein traumhaftes Segelrevier. Besonders die kurzen Schläge zwischen den vielen sehenswerten und sehr unterschiedlichen Orten machen den Törn abwechslungsreich. Wer möchte kann auch ohne Weiteres bis Ischia hinauf fahren.
Das Wetter war in der ersten Septemberwoche noch sehr warm und teilweise gewittrig.
Die vielen Motorboote oft störend, und die Wellen durch den starken Verkehr hoch.
Das Land und die Kultur haben uns großen Spaß gemacht. Die Capitaneros waren alle super freundlich und hilfsbereit. Echter Italienischer Espresso ist unschlagbar gut und das Essen ein Traum! Am besten sollte man in den Wochen vorher reichlich fasten 😊
Wir wünschen viel Spaß beim Nachmachen!
Familie Bailey
In die Finsternis – Eine Ernstfall-Simulation
Erlebnisbericht zum „Sea Survival“ Kurs am Maritimen Kompetenzzentrum Elsfleth.
Und dann geht das Licht aus.
Dunkelheit umfängt uns, dichter und schwerer als die tiefste Nacht auf See. Ein Moment lang halten wir den Atem an. Die Stille wird durch das ohrenbetäubende Aufheulen der Windturbinen durchbrochen, die einen Sturm der Stärke 8 Beaufort simulieren. Stroboskoplichter blitzen wie entfesselte Blitze auf, die unsere Augen blenden und die Orientierung erschweren. Die Luft ist erfüllt von der Feuchtigkeit, die von den gewaltigen Wellenmaschinen emporgewirbelt wird. Wir sind nicht mehr in der sicheren Halle des Maritimen Kompetenzzentrums Elsfleth, sondern mitten in einer tobenden See.
In dieser beklemmenden Szenerie beginnt der praktische Teil des „Sea Survival“ Kurs, an dem wir, eine Gruppe DSCL Segler, teilnehmen. Jeder von uns weiß, dass diese Simulationen lebensrettend sein können. Ein einziger Fehler kann auf offener See fatale Folgen haben. Der Ausbilder von Marikom versteht es meisterhaft, die Schrecken eines echten Seenotfalls nachzubilden: In dicke Überlebensanzüge gehüllt, die unsere Bewegungen einschränken und die Sicht stark einschränken, erhalten wir den Befehl zur Notwasserung.
Einer nach dem anderen springen wir aus mehreren Metern Höhe in die aufgewühlten Wellen. Das Wasser schlägt über uns zusammen, dunkel und unbarmherzig. Der enge Anzug lässt jede Bewegung zur Anstrengung werden, während die Gischt uns den Atem raubt. Kaum im Wasser, hören wir die Anweisung: „Kreis bilden!“ Wir greifen nach den Armen unserer Mannschaftskollegen. Die Nähe beruhigt etwas, doch das überschwappende Wasser und der eingeengte Bewegungsradius lösen immer wieder kurze Panik aus.
Der Ausbilder gibt das nächste Kommando: „Kette bilden und zur Rettungsinsel schwimmen, im Viererverbund!“ Rückwärts schwimmend, Beine um die Hüfte des nächsten Körpers geklemmt (wessen Körper das ist, lässt sich höchsten erahnen), mühsam den Kopf über Wasser haltend, kämpfen wir gegen die Wellen. Das Atmen fällt schwer, die Bewegungen sind hart und ungewohnt. Immer wieder verschluckt sich jemand, doch das koordinierte „Hopp, Hopp, Hopp, …!“ der Kameraden, um die Schwimm-Bewegungen zu synchronisieren, gibt Halt und Sinn in dieses wilde Durcheinander.
Es ist eine Erfahrung, die uns an unsere Grenzen bringt – physisch und psychisch. In diesen Momenten realisieren wir, wie wichtig Vorbereitung und Training sind. Jeder von uns hat Geschichten von tragischen Unglücken auf See gehört, bei denen die Zeit zum Handeln knapp war und die richtigen Maßnahmen über Leben und Tod entschieden haben. Hier, im simulierten Chaos, wächst unser Respekt vor der See und der Naturgewalt, die sie darstellt. Wir lernen, dass jeder von uns eine tragende Rolle spielt, wenn es um das Überleben in Extremsituationen geht.
Und so, umgeben von Dunkelheit und tobenden Elementen, formt sich in uns eine Gemeinschaft – eine Mannschaft, die in der Lage ist, einander in den schwersten Zeiten zu unterstützen. Das ist die tiefgehende Lektion des „Sea Survival“ Kurses: Vertrauen und Zusammenarbeit sind der Schlüssel zum Überleben.
Das Überleben nämlich beginnt im Kopf. So wird der praktische Teil unseres „Sea Survival“ Kurses von zwei theoretischen Blöcken begleitet. Der erste Theorieteil findet vor der Praxis statt und widmet sich den Verhaltensweisen im Wasser, den Überlebensanzügen und den Rettungswesten. Hier lernen wir die Unterschiede und die Eignung der verschiedenen Ausrüstungsgegenstände kennen.
Unser Ausbilder Jens ist erfahrener Berufsnautiker, der sich in seinem Job um die Sicherheit auf Offshore-Windparks kümmert. Seine tiefgehenden Erfahrungen sind für uns von unschätzbarem Wert. Mit seinem nordisch-herben Gemüt spricht er Klartext und gibt uns praxisnahe Einschätzungen zu den sachlichen Informationen. Seine Worte sind nicht beschönigend, sondern direkt und ehrlich, was uns die Ernsthaftigkeit der Situation umso deutlicher macht.
Er erklärt uns detailliert, wie man sich im Wasser verhalten muss, um die Überlebenschancen zu maximieren. Wir erfahren, wie wichtig es ist, ruhig zu bleiben, Energie zu sparen und den Körper so zu positionieren, dass die Wärme erhalten bleibt. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Überlebensanzügen und Rettungswesten werden genau besprochen.
Besonders eindrucksvoll bleibt uns ein klares Statement des Ausbilders im Gedächtnis: „Einige Solo-Segler tragen Mitte Atlantik keine Rettungswesten, dann geht es wenigstens schnell.“ Was im ersten Moment schockierend klingt, folgt ganz pragmatisch analytischer Gedanken. Selbst mit Rettungsweste ist die Überlebenschance bei einer Person-über-Bord Situation eines Solo-Seglers im offenen Meer so gering, dass manche Segler lieber den schnellen Abschied in Kauf nehmen, anstatt lange Zeit in Angst und Verzweiflung auf dem Meer zu treiben. Und das ohne alternatives Ende.
Diese harten Wahrheiten bereiten uns mental auf den kommenden praktischen Teil vor. Wir erkennen, dass Überleben auf See nicht nur eine Frage der körperlichen Fitness und der richtigen Ausrüstung ist, sondern auch eine der mentalen Stärke und der richtigen Vorbereitung.
Zurück im Wasser und bei der nächsten Übung: das Bergen aus dem Wasser durch einen Helikopter. Der enorme Down-Wash wird dabei realitätsnah simuliert. Die vertikale Luftturbine erzeugt einen starken Luftstrom wie ein Helikopter, der über uns schwebt. Wir müssen lernen, uns trotz dieser widrigen Umstände ruhig zu verhalten und auf die Anweisungen des Ausbilders zu vertrauen. Das Gefühl, aus dem aufgewühlten Wasser emporgezogen zu werden, ist gleichermaßen befreiend und furchteinflößend.
Die nächste Aufgabe erfordert Teamarbeit: das Bergen einer bewusstlosen Person. Mit zwei Schlingen und einem speziellen Netz, dem sogenannten Jason’s Cradle, müssen wir den Verunglückten sicher aus dem Wasser holen. Das Wasser macht die Handgriffe schwerfällig. Doch jeder von uns weiß, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten und präzise zu handeln. Der Ausbilder und seine Rettungsschwimmerin Martha, die wohl einen der coolsten Mini-Jobs der Welt hat, überwachen jeden unserer Schritte und korrigieren uns, wo nötig. Mit Fokus und klarer Absprache gelingt es uns, die Person sicher zu bergen. Die Erleichterung ist groß, doch die Anspannung bleibt.
Zuletzt steht die vielleicht unterhaltsamste Übung an: das Aufrichten der Rettungsinsel. Einzeln kann nicht nur die Rettungsinsel umgedreht werden, sondern gleichzeitig eine verletzte Person eingeholt werden, die absichtlich in den Hohlraum der verkehrt herum liegenden Insel gelegt wurde. Die Anweisungen sind klar und unser Teamgeist unerschütterlich. Stück für Stück kämpfen wir uns voran, bis die Insel aufgerichtet und die verletzte Person in Sicherheit ist.
Aus der Finsternis – Rettung beginnt mit Sichtbarkeit.
Nachdem wir die körperlich und mental herausfordernden praktischen Übungen hinter uns gebracht hatten, widmeten wir uns einem ebenso wichtigen Thema: dem Inhalt des Notfall-Packs der Rettungsinsel. Der Ausbilder zeigte uns detailliert, welche Gegenstände in einer solchen Notfallausrüstung enthalten sind und wie man sie effektiv nutzt. Das Notfall-Pack einer Rettungsinsel enthält lebenswichtige Gegenstände wie Trinkwasser, Nahrungsrationen, Erste-Hilfe-Material, ein Reparaturset für die Insel und Werkzeuge zum Sammeln von Regenwasser. Wir lernten, wie man Nahrung und Wasser rationiert. Maßnahmen die überlebenswichtig sind, wenn man auf offener See auf Rettung warten muss.
Intensiv wurden auch die Notfall-Signalmittel besprochen. Von Notfunk, EPIRB, SART über Rauchtöpfe und Leuchtraketen bis hin zu Fahnen und Signalspiegeln – wir erfuhren, wie man diese Mittel korrekt einsetzt, um in einer Notsituation auf sich aufmerksam zu machen. Denn nur wer gesehen wird, kann auch gerettet werden.
Zum krönenden Abschluss durften wir dann nochmals raus und die Leuchtfackeln und Rauchtöpfe in der Praxis einsetzen. Unter der Anleitung unseres Ausbilders zündeten wir die verschiedenen Signalmittel, lernten ihre Handhabung und sahen, wie sie auch bei Tageslicht wirken. Es war ein eindrucksvolles Erlebnis, das uns die Bedeutung der Sichtbarkeit auf See eindringlich vor Augen führte.
Die Anstrengungen und die Erlebnisse des Tages hatten uns zusammengeschweißt. Wir hatten nicht nur gelernt, wie man in Notsituationen richtig handelt, sondern auch, dass Kameradschaft und Teamarbeit unerlässlich sind, um solche Herausforderungen zu meistern. Jeder von uns wusste, dass er sich auf die anderen verlassen konnte.
Wissen, Respekt und Erfahrung machen den Unterschied zwischen Leben und Tod aus – das war die wichtigste Erkenntnis dieses Kurses, einhergehend mit einem tiefen Gefühl der Demut. Oder um es in den Worten von Gorch Fock zu sagen, die ruhig mahnend an der Wand im Maritimen Kompetenzzentrum Elsfleth prangern:
„Du kannst dein Leben nicht verlängern noch verbreitern, nur vertiefen.“
Unser Stammtisch „Fahrtensegeln“ im DSCL
Er basiert auf der Idee, dass sich Fahrtensegler im Verein eher zufällig kennen lernen, während sich allgemeine seglerische Kontakte automatisch durch die vielfältigen Vereinsaktivitäten ergeben. Diese Lücke soll der Stammtisch schließen. Wesentliches Ziel ist die Förderung des Fahrtensegelns und der seglerischen Kameradschaft durch Austausch von Erfahrungen und Informationen ebenso wie durch gemeinsame Unternehmungen verschiedenster Art. Dabei sollte besonders auch Einsteigern und Unerfahrenen Unterstützung geboten und gezielte Weiterbildung betrieben werden. Die erforderliche Kompetenz ist vorhanden.
Der Stammtisch „Fahrtensegeln“ richtet sich im übrigen an alle Segler, auch jene ohne besondere Fahrtensegelambitionen. Die einbezogene Spannweite reicht deshalb von Wanderungen mit der Jolle auf Binnengewässern, bis hin zu weltweiten Hochseetörns mit entsprechend ausgerüsteten Yachten oder Traditionsseglern.
Der Schwerpunkt aber liegt klar auf Törns mit Familie, Freunden und Bekannten in gut erreichbaren Revieren. Dass dabei ein besonderer Reiz in einer abgewogenen Mischung aus Segeln und der Entdeckung reizvoller Inseln und Küstenstriche mit ihren Häfen, Dörfern und Städtchen besteht, zeigt die Praxis. Jeder, der Interesse – vielleicht auch nur einmal am Mitsegeln – hat, ist herzlich willkommen. Das gilt natürlich auch besonders für Damen und die Jugend. Ob jemand gelegentlich oder mehr regelmäßig teilnehmen oder vielleicht auch nur einmal vorbeischauen möchte, ist dabei völlig nachrangig. Selbstverständlich lebt eine derartiges Unternehmen mit dem Arbeitstitel „Stammtisch“ weitgehend von dem, was durch die Teilnehmer eingebracht wird.
Dabei kommt es darauf an, den Stammtisch zu gestalten, weiter zu entwickeln und den jeweiligen Wünschen und Bedürfnissen anzupassen. Anregungen und Vorschläge sind deshalb stets willkommen. Die jeweiligen Orte, Termine und ggf. geplante Veranstaltungen bzw. Aktivitäten des Stammtisches werden auf der Webseite veröffentlicht.